Logo

Lübben: Stolperstein für Rosalie Kassel – Schüler erinnern an ein verdrängtes Leben

Regionales
  • Erstellt: 06.05.2025 / 09:00 Uhr von EB
Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, wird in der Kirchstraße 29 in Lübben ein weiterer Stolperstein verlegt. Er erinnert an Rosalie Kassel – ein Opfer des NS-Terrors. Initiiert wurde das Gedenken vom Museum Schloss Lübben, der Spreewaldschule und dem Lions Club.

Um 10 Uhr beginnt die öffentliche Verlegeaktion, zu der Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste herzlich eingeladen sind. Besonders bemerkenswert: Schülerinnen und Schüler der Oberschule haben sich im Vorfeld intensiv mit dem Leben von Rosalie Kassel beschäftigt – und geben der Geschichte ein Gesicht.

Wer war Rosalie Kassel?

Rosalie Kassel wurde am 14. Dezember 1911 im oberschlesischen Königshütte (heute Chorzów, Polen) geboren. Ihr Vater starb kurz nach ihrer Geburt. Gemeinsam mit ihrer Mutter Elisabeth Hirsch lebte sie zeitweise in Lieberose. In Berlin besuchte sie die Jüdische Oberschule und zog 1939 nach Lübben – in die Kirchstraße 29, zu ihrer Tante Frieda Moses. Zwei Jahre später, 1941, arbeitete sie in Berlin-Charlottenburg und wohnte in der Goethestraße 8.

Doch auch in der Großstadt war sie vor der NS-Verfolgung nicht sicher. Rosalie wurde inhaftiert und zur Sammelstelle Levetzowstraße gebracht. Von dort ging ihr letzter Weg am 18. Oktober 1941 mit dem ersten Transport ins Ghetto Litzmannstadt (Łódź). Nur wenige Monate später wurde sie nach Chelmno (Kulmhof) deportiert – und dort vermutlich am 7. Mai 1942 ermordet.

Ein Schicksal, viele Opfer

Nicht nur Rosalie Kassel fiel der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie zum Opfer. Ihre Mutter wurde nach einem Aufenthalt im Altersheim der jüdischen Gemeinde in Frankfurt (Oder) in das Warschauer Ghetto deportiert und ebenfalls ermordet. Nur ihre Halbschwester Sophie Alice Hirsch konnte nach Palästina fliehen – sie überlebte.

Erinnerung mit Tiefe: Stolpersteine als Mahnung

Seit 1992 erinnert das Kunstprojekt „Stolpersteine“ von Gunter Demnig an die Opfer der NS-Zeit. Inzwischen sind es über 100.000 Steine in ganz Europa – jeder einzelne markiert einen Lebensweg, der durch den Faschismus gewaltsam endete. Die Stolpersteine mahnen im Alltag – dezent, aber eindringlich.

Da das frühere Wohnhaus in der Kirchstraße 28 nicht mehr existiert, findet die Verlegung an der angrenzenden Ecke zur Nummer 29 statt – jenem Ort, der einst Lebensmittelpunkt von Rosalie Kassel war. Mit der Verlegung des Stolpersteins kehrt ein Stück Erinnerung in die Stadt zurück.

Ein Gedenken, das weiter wirkt

Die Initiative zeigt, wie lokalgeschichtliches Erinnern junge Menschen erreicht und aktiviert. Die Schüler*innen der Spreewaldschule haben sich in bewegender Weise mit der Biografie beschäftigt – und damit ein Zeichen gesetzt, das über den 8. Mai hinausreicht. Am Ende steht nicht nur ein Stein im Pflaster. Sondern ein Moment des Innehaltens. Ein stilles Versprechen: Wir vergessen nicht.

Bilder

Foto: Stadt Lübben (Möbes)
Dieser Artikel wurde bereits 365 mal aufgerufen.

Werbung